Aktuelle Ergebnisse zur Grundwasserforschung im Norden Namibias
Hauskolloquium am Dienstag, den 06. Juni 2023 um 10°° Uhr im Großen Sitzungssaal des Hauses
Moderation: Thomas Himmelsbach
Einleitung
Im ariden Norden Namibias lebt etwa die Hälfte der Bevölkerung des Landes. Diese ist weitgehend von Oberflächenwasser abhängig und daher besonders vulnerabel gegenüber den prognostizierten Klimaveränderungen. Zum Teil wird die Region durch ein Kanalsystem mit Wasser des Kunene‐Flusses aus Angola versorgt. Ein nicht unerheblicher Teil dieses Wassers geht durch Verdunstung der Aussickerung verloren. Andernorts beruht die Wasserversorgung auf flachen Schachtbrunnen, die jedoch oft durch geringe Ergiebigkeit, bakterielle Belastung und bereichsweise auch Versalzung betroffen sind.
Die BGR führt seit mehr als 20 Jahren Untersuchungen zur Hydrogeologie Nord‐Namibias durch, besonders im grenzüberschreitenden Cuvelai‐Etosha‐Becken (CEB), einem Teilgebiet des känozoischen Kalahari‐Beckens.
Georg Houben et al.: Neue Erkenntnisse über die Geologie Nord‐Namibias
Die Hydrogeologie des nördlichen Namibias kann nur aus der geologischen Geschichte der Region verstanden werden. Das wesentliche geologische Inventar des CEB sind sogenannte Megafans, riesige Ablagerungen fluvialer Fächer, deren Wasser und Sedimente aus den umgebenden Gebirgsregionen stammen. Anhand einer 400 m tiefen Kernbohrung konnten mithilfe von geochemischen, (schwer‐)mineralogischen und granulometrischen Untersuchungen sowie Altersdatierungen zwei übereinander gestapelte Megafans identifiziert werden, der tiefere Olukonda Megafan und der an der Oberfläche anstehende Cubango Megafan. Die auffälligen Unterschiede in der Zusammensetzung des Sedimentmaterials der beiden Megafans deuten auf unterschiedliche Herkunftsgebiete hin. Für den Olukonda Megafan ist ein eher mafisch geprägtes Liefergebiet wahrscheinlich und für den Cubango Megafan ein eher saures Ausgangsgestein. Ersteres ist im Wesentlichen im me‐ soproterozoischen Kunene Intrusiv‐Komplex und seinem Rahmengestein im Westen zu suchen, während zweiteres im paläoproterozoisch dominierten Norden liegt.
Quelle: BGR
Dies zeigt, dass sich die Sedimentationsgeschichte um ca. 42 Ma stark änderte. Der bis dahin nach SE entwässernde und den Olukonda Megafan sedimentierende Kunene wurde zum Atlantik umgeleitet. Daraufhin setzte die Sedimentation von Norden ein, die zur Bildung des Cubango Megafan führte. Zirkon‐Datierungen des Sedimentmaterials bestätigen nun diese These. Vor ca. 1,4 Ma schnitt sich der Cubango tief in sein Bett ein und die Sedimentation des Megafans kam zum Erliegen.
Kevin de Vriendt, Bäumle, R. & Houben, G.: Neue Erkenntnisse über die Hydrogeologie Nord‐Namibias
Seit der Entdeckung des tiefen KOH2‐Grundwasserleiters im Cubango Megafan besteht zunehmendes Interesse an dessen Nutzung für die regionale Versorgung mit Trinkwasser. Allerdings mangelt es aufgrund begrenzter Daten an Informationen über die Grundwasserbewegung in diesem Aquifer und besonders die Grundwasserneubildungsrate und deren Lokation.
Frühere Annahmen besagten, dass saisonale Schwankungen, die aus den Grundwasserloggerdaten im KOH2‐Aquifer beobachtet wurden, auf eine Wiederauffüllung des Speichers durch Neubildung aus dem angolanischen Hochland zurückzuführen seien. Obwohl hydraulische Gradienten tatsächlich auf eine Neubildung hindeuten, ist offensichtlich, dass die Schwankungen wahrscheinlich von Oberflächenbelastungen durch Änderungen der Bodenfeuchte herrühren. Vorläufige Analysen deuten darauf hin, dass der KOH2‐Aquifer als wägbares geologisches Großlysimeter fungiert und Einblicke in großflächige Veränderungen der Bodenfeuchte liefern könnte.
Bestehende hydrochemische Datensätze aus dem CEB sowie verfügbare Grundwasserstanddaten wurden ebenfalls ausgewertet, um ein klareres Bild der Grundwasserbewegung im Becken zu zeichnen. Die Kartierung der hydrochemischen Fazies deutet auf einen großflächigen Kationenaustausch hin, der durch die Verdrängung von ursprünglich vorhandenem, salzigem Grundwasser durch einsickerndes Süßwasser entstanden ist.
Vereinfachte konzeptionelle Grundwassermodelle bieten Einblicke in die regionale Verteilung und Entwicklung der Salinität sowie in mögliche Grundwasseraustrittszonen, die den regionalen Grundwasserfluss im System kontrollieren.
Roland Bäumle et al.: Neue Erkenntnisse über das Alter des Grundwassers in Nord‐Namibia
Quelle: Foto: Krekeler
Das Grundwasseralter ist in der Hydrogeologie eine wichtige Kenngröße für die Bewertung von Verweilzeiten, Fließgeschwindigkeit, und die Erneuerbarkeit von Grundwasserressourcen. In der Endlagerungsforschung zählt es zu den Aus‐ schlusskriterien. Im KOH‐2‐Grundwasserleiter werden sehr hohe Alter vermutet, die mit der Radiokarbonmethode nicht mehr erfasst werden können.
Daher wurde 2019 eine Beprobung an acht tiefen Messstellen im namibischen Grenzgebiet zu Angola durchgeführt. Neben der Hydrochemie wurden auch stabile Isotope und im Grundwasser gelöste Edelgasgehalte bestimmt. Zur Altersbestimmung wurden die radioaktiven Umwelttracer 14C, 36Cl und 81Kr eingesetzt. Für die Gewinnung von Gasproben aus dem Grundwasser wurde ein Extraktionsgerät entwickelt.
Die Ergebnisse der stabilen Isotope und der Edelgasthermometrie geben Hinweise auf eine mind. 3‐4 °C kühlere Umgebungstemperatur bei der Grundwasserneubildung im Vergleich zu den heutigen Verhältnissen. Die ermittelten Krypton‐Alter schwanken zwischen 40 ka und 170 ka und zeigen eine gute Korrelation zu gemessenen radiogenem 4He und Salzgehalten. Somit können in Zukunft auch Heliummessungen zur Schätzung von Altern in der Region genutzt werden. Weitergehende Untersuchungen lassen allerdings vermuten, dass es sich bei den Altern um Mischwässer aus jüngerem, frischen Grundwasser mit altem, salzhaltigen Porenwasser handelt.
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