Überblick
- Was ist das International Ocean Discovery Program ?
- Warum brauchen wir wissenschaftliche Bohrungen im Meeresboden?
- Die Forschungsziele im neuen IODP
- Die Bohrwerkzeuge
- Die Finanzierung des IODP
- Die Struktur
Was ist das International Ocean Discovery Program ?
Das International Ocean Discovery Program (IODP) ist ein zehnjähriges globales Vorhaben zur Erkundung der Bereiche unter den Meeresböden durch Tiefbohrungen. Es hat im Oktober 2013 begonnen und baut auf früheren wissenschaftlichen Ozean-Bohrprogrammen, namentlich dem Deep Sea Drilling Project (DSDP, 1968 - 1983), dem Ocean Drilling Program (ODP, 1983 - 2003) und dem Integrated Ocean Drilling Program (IODP, 2003 - 2013), auf. Diese Bohrprogramme ermöglichten die Erforschung von bislang unzugänglichen Bereichen des Meeresbodens und von bisher kaum verstandenen Vorgängen bei der Entwicklung unseres Planeten. Der Zusammenschluss von aktuell 23 Ländern im IODP ermöglicht eine Forschung auf höchstem wissenschaftlichen und technologischen Niveau.
Die wissenschaftlichen Ziele des aktuellen Bohrprogramms sind im Wissenschaftsplan "Illuminating Earth‘s Past Present and Future" zusammengefasst. Der Wissenschaftsplan baut auf den Leistungen der Vorgängerprogramme auf, gleichzeitig werden neue, zukunftsweisende Fragestellungen, Methoden und Modelle in den Vordergrund gerückt. Obwohl weiterhin klar der Grundlagenforschung verschrieben, widmet sich IODP verstärkt gesellschaftsrelevanten Themen (z.B. Fragen zum Klimawandel, zu Naturkatastrophen und zu Rohstoffen). Die Zusammenarbeit mit anderen geowissenschaftlichen Programmen, vor allem aber dem International Continental Scientific Drilling Program (ICDP), soll dabei deutlich verstärkt werden.
Warum brauchen wir wissenschaftliche Bohrungen im Meeresboden?
Mehr als siebzig Prozent der festen Erde sind von Wasser bedeckt. Unter der Wasserbedeckung der Ozeane laufen alle wichtigen Prozesse ab, die das dynamische Bild unseres Planeten prägen:
- Fortlaufende Entstehung von Erdkruste und Rückführung derselben in das Erdinnere.
- Neunzig Prozent aller Erdbeben setzen ihre Energie unter den Meeren frei. Dabei können auch die gefürchteten Tsunamis ausgelöst werden.
Reste der marinen Lebewelt und Partikel, die von den Kontinenten mit dem Wind und durch Flüsse ins Meer getragen wurden, haben sich über viele Millionen Jahre hinweg auf der ozeanischen Erdkruste abgelagert. Diese Ablagerungen enthalten u.a.
- Informationen über die Klimaentwicklung auf der Erde sowie zur Entwicklung der marinen Lebewelt und ihrer Umweltverhältnisse.
- Im Meeresboden gibt es bis in große Tiefe hinab mikrobielles Leben, ein noch kaum erforschter, aber signifikanter Anteil an der gesamten Biomasse der Erde.
- Der Meeresboden enthält zudem ein weitgehend unerforschtes Potential an mineralischen und Energie-Rohstoffen.
Über die letzten 50 Jahre hinweg haben die wissenschaftlichen Ozean-Bohrprogramme mit tausenden von Bohrungen zum Verständnis des Zusammenwirkens von harter Erdkruste, plastischem Erdinneren, Meer, Eiskappen, Atmosphäre, Erdmagnetfeld, planetaren Kräften und Lebewelt beigetragen. Vieles blieb aber bis heute unverstanden. Mit dem International Ocean Discovery Program wird diesen offenen Fragen nachgegangen. Die aus Meeresbohrungen und Bohrlochobservatorien gewonnenen Erkenntnisse sind wichtig, um unsere Erde besser zu verstehen, zu nutzen und zu schützen.
Die Forschungsziele im neuen IODP
Obwohl die Ozeane im Rahmen der großen Ozean-Bohrprogramme seit über 50 Jahren intensiv erforscht werden, sind viele Fragen immer noch unbeantwortet. Diese sind zum Teil von hoher gesellschaftlicher und ökonomischer Relevanz. Die wachsende Erdbevölkerung, der Klimawandel, der steigende Bedarf an Rohstoffen und die großen Risiken von Naturkatastrophen, wie Erdbeben und Tsunamis, erfordern ein besseres Verständnis des Systems Erde. Diesem Verständnis dient das International Ocean Discovery Program.
Im Wissenschaftsplan für dieses Bohrprogramm sind vier Forschungsschwerpunkte festgelegt, die ihrerseits in verschiedene wissenschaftliche "Herausforderungen" unterteilt sind:
- "Climate and Ocean Change": Eine der wichtigsten wissenschaftlichen Herausforderungen ist es unser Verständnis für Änderungsraten und Ursachen globaler Klimaereignisse sowie deren Folgen zu verbessern. Die Erbohrung und Untersuchung von hochauflösenden Paläoklima-Archiven aus der Tiefsee erlauben Klimaänderungen und deren Rahmenbedingungen besser zu fassen und als Analogmodelle für den aktuellen Klimawandel sowie als Grundlage für numerische Modelle zur Vorhersage zukünftige Kimaänderungen heranzuziehen.
- "Biosphere Frontiers": Eine weitere Herausforderung ist die Erforschung von Leben tief unterhalb des Meeresbodens, wo Mikroben isoliert von der photosynthetischen Welt an den Grenzbereichen theoretisch möglicher Lebensräume existieren. Die Erforschung dieser extremen Lebensräume erlaubt unter anderem Rückschlüsse auf die Entstehung des Lebens auf der Erde, da zu dieser Zeit ähnlich extreme Bedingungen herrschten. Eine weitere wichtige Herausforderung im Rahmen dieses Schwerpunktes ist die Beziehung zwischen Biodiversität und schnellen Umweltveränderungen. Ihre Erforschung ermöglicht Vorhersagen, wie der derzeitige Umweltwandel die marine Biodiversität und die marinen Ökosysteme beeinflussen könnte.
- "Earth Connections": In diesem Schwerpunkt wird auf die geochemischen Austauschprozesse zwischen der festen Erde, den Ozeanen und der Atmosphäre fokussiert. Eine wichtige Herausforderung sind Bohrungen in den Erdmantel. Dieses größte geochemische Reservoir der Erde ist immer noch weitgehend unerforscht. Weitere Herausforderungen sind unter anderem ein besseres Verständnis für die Produktion ozeanischer Kruste sowie die involvierten Alterationsprozesse voran zu treiben.
- "Earth in Motion": Dieser Schwerpunkt fokussiert auf kurzfristige geodynamische Prozesse von unmittelbarer gesellschaftlicher Relevanz. Hierunter fallen z.B. Prozesse im Zusammenhang mit Erdbeben, Erdrutschen und Tsunamis. Ebenfalls unter diesen Schwerpunkt fallen Herausforderungen wie ein Verständnis für die Bildung und Stabilität von Gashydraten und das Potential für die Sequestierung großer Mengen Kohlendioxid in Gesteinen der Tiefsee sowie die Installation von Bohrlochobservatorien.
Die Bohrwerkzeuge
Quelle: BGR
Beim Bohren mit den verschiedenen IODP-Bohrplattformen werden modernste Bohr-, Beprobungs- und Beobachtungstechnologien eingesetzt. Zwei eigene Bohrschiffe stehen zur Verfügung, die JOIDES Resolution und die Chikyu. Zusätzlich werden bedarfsweise so genannte Mission Specific Platforms (MSP) gechartert und in Gebieten eingesetzt (z.B. flache Schelfmeere), in denen die beiden anderen Bohrschiffe nicht operieren können. Im Rahmen des International Ocean Discovery Program ist geplant, die JOIDES Resolution volle 8 Monate eines jeden Jahres einzusetzen. Das japanische Bohrschiff, die Chikyu, soll bis zu 4-6 Monate pro Jahr für das IODP aktiv sein. Mit den von ECORD finanzierten missionsspezifischen Plattformen soll jährlich eine Expedition durchgeführt werden. Mit den beiden Schiffen, den MSPs und den hochmodernen landgestützten Einrichtungen, wie Bohrkernlagern und Laboren, wird den Forschenden das bestmögliche Arbeitsumfeld für die wissenschaftlichen und technischen Herausforderungen zur Verfügung gestellt.
Die Finanzierung des IODP
Das International Ocean Discovery Program ist ein Zusammenschluß von drei finanziell unabhängigen Partnern. Der gemeinsame wissenschaftliche Rahmen ist der neue Wissenschaftsplan.
Die drei Partner sind:
- U.S. National Science Foundation (NSF)
- Japan´s Ministry of Education, Culture, Sports, Science and Technology (MEXT)
- European Consortium for Ocean Research Drilling (ECORD)
NSF, MEXT und ECORD stellen jeweils eine der drei Bohrplattformen (JOIDES Resolution, Chikyu, MSPs). Andere Partnerorganisationen und Mitgliedsländer tragen zu den Kosten der Plattformen oder einzelner Expeditionen bei (sogenannte in-kind contributions) und können dann auch an wichtigen Entscheidungen mitwirken.
Die Struktur
Das übergeordnete Gremium in der IODP-Struktur ist das IODP Forum. Hier werden allgemeine Fragen zum Bohrprogramm diskutiert und es wird über die Aufgaben der anderen Gremien beraten. Im IODP-Forum treffen sich Mitglieder aus allen Ländern und Konsortien, die zur Finanzierung der IODP-Expeditionen beitragen.
Die wichtigste Basis der IODP-Expeditionen sind die Bohrvorschläge, die von den IODP-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf der ganzen Welt eingereicht werden. Eine gemeinsame, unabhängige Beratungsstruktur (Site Evaluation Panel - SEP) begutachtet diese Bohrvorschläge und sorgt damit für einen Pool potentieller Expeditionen. Der Begutachtungsprozess wird durch ein weiteres Gremium unterstützt, welches die Umweltaspekte der vorgeschlagenen Expedition prüft (Environmental Protection and Safety Panel - EPSP).
Die zeitliche Planung der Expeditionen erfolgt durch die “Facility Boards” der jeweiligen Plattformbetreibenden (JR Facility Board, ECORD Facility Board, Chikyu IODP Board). Hier wird entschieden, welche Expedition von welcher Plattform durchgeführt wird.
Weitere Informationen zur Struktur des IODP finden Sie hier.
Eine Auflistung der Gremienmitglieder finden Sie hier.