II/19: Ein Exemplar von Carnallicrinus carnalli und was es zu erzählen hat
Das Sammlungsobjekt des Quartals
Carnallicrinus carnalli ist eine Seelilie, die nur in der Trias und da im höheren Unteren Muschelkalk (vor etwa 245 Millionen Jahren) vorkommt und damit ein gutes Leitfossil für die Rüdersdorf-Formation ist.
Eine Seelilie ist keine Pflanze, sondern ein zu den Stachelhäutern (Echinodermen) gehörendes wirbelloses Tier, das mit Seeigeln und Seesternen verwandt ist. Ihr „blumiger“ Name geht auf den blüten- oder kronenartigen Kelch aus zahlreichen, durch Bindegewebe zusammengehaltenen Kalktäfelchen zurück, die in der Regel zu 5, 10 oder mehr Armen zusammengesetzt sind. Der Kelch sitzt auf einem langen Stiel, der sich aus vielen beweglichen räder- oder schraubenartigen Plättchen, den Trochiten, zusammensetzt. Befestigt ist dieser Stiel am Meeresboden oder an einem treibenden Objekt. Nach dem Tod des Tieres verlieren die Stiele ihren Zusammenhalt und Hunderte Trochiten verteilen sich über den Meeresgrund. Sie finden sich heute auf den Schichtflächen von Kalksteinen und können auch gesteinsbildend sein (Trochitenkalk).
Die berühmteste Verwandte von Carnallicrinus ist Encrinus liliiformis aus dem Oberen Muschelkalk (Sammlungsobjekt des Monats 08/06), die von der Paläontologischen Gesellschaft zum Fossil des Jahres 2019 gekürt wurde. Während die Krone von Carnallicrinus 20 Arme hat, setzt sich die von Encrinus liliiformis nur aus 10 Armen zusammen und wirkt dadurch wesentlich graziler.
Carnallicrinus carnalli hat – wie viele Fossilien – seit der Erstbeschreibung durch Heinrich Ernst Beyrich eine Änderung des Namens erfahren. Ursprünglich als Encrinus (Chelocrinus) carnalli BEYRICH,1856 beschrieben, heißt das Taxon nun Carnallicrinus carnalli (BEYRICH, 1856) HAGDORN, 2004. Einer der Hauptfundpunkte ist der Untere Muschelkalk im Steinbruch Rüdersdorf südlich von Berlin.
Von dort stammt auch das abgebildete Exemplar aus der Sammlung von O. Raab. Er war gegen Ende der 1880er Jahre als Chemiker im Rüdersdorfer Steinbruch angestellt und hat in seiner mehr als zwanzigjährigen aktiven Zeit die größte Fossiliensammlung aus dem Rüdersdorfer Muschelkalk angelegt (schriftliche Mitteilung Frank Siegel).
Die beiden Schilder, die sich bei dem Stück befinden, weisen auf ein Stück jüngerer Geschichte der Berliner Sammlung hin. Die Staatliche Geologische Kommission der DDR wurde 1951 gegründet, Zentrales Geologisches Probenarchiv verweist auf das Zentrale Geologische Institut der DDR (ZGI), das 1961 gegründet wurde. Online ist das Exemplar über das digitale Informationssystem GewiS, in dem sukzessive die Sammlungen der BGR in Berlin und von BGR und LBEG in Hannover erfasst werden, recherchierbar.
Literatur
Hagdorn, H. (2004): Cassianocrinus varians (MÜNSTER, 1841) aus der Cassian-Formation (Trias, Oberladin/Unterkarn) der Dolomiten – ein Bindeglied zwischen Encrinidae und Traumotocrinidae (Crinoidea, Articulata). – Annalen Naturhistorisches Museum Wien, 105A: 231-255; Wien.
Autorin: Dr. Carmen Heunisch
Übrigens: Die BGR unterhält Sammlungen in Berlin und Hannover, hier in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG). Sie gehören zu den großen geowissenschaftlichen Sammlungen in Deutschland.
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