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IV/16: Fulgurite: „versteinerte Blitze“

Das Sammlungsobjekt des Quartals

Blitzröhren - oder auch Fulgurite (von lateinisch fulgur: „Blitz“) - entstehen, wenn Blitze in Gesteine einschlagen. Sie sind damit sozusagen „zu Stein gewordene Blitze“. Dabei bilden sich bis zu mehrere Meter lange, röhrenartige Gebilde mit etwa 2 cm Durchmesser, die innen hohl sind und sich häufig an den Enden verzweigen. Durch die große Energie des Einschlags wird Material aus dem Inneren der entstehenden Röhre herausgeschleudert. Dabei wird der Hohlraum gebildet.

Eine Versteinerung von Blitzen findet so selten statt, dass der Leipziger Professor für Physik und Chemie L. W. Gilbert um 1800 sagte, er hielte Fulgurite „bei weitem für die interessanteste und größte Naturmerkwürdigkeit, welche […] vielleicht irgend eine Sammlung an Merkwürdigkeiten aus dem Mineralreich besitzt.“ Blitzröhren waren lange so besonders, dass man sie zum Beispiel Königen wie Friedrich August (der Gerechte) von Sachsen 1822 zum Geschenk machte. Eine Besonderheit stellt der „kleine Ararat“ im Grenzgebiet der Türkei zu Armenien dar. Sein aus Andesit bestehender Gipfel ist nahezu von Blitzen durchlöchert und hat sogar einen eigenen Gesteinsnamen bekommen: „Fulgurit-Andesit“. Bekannte Geologen und Naturwissenschaftler, wie zum Beispiel Alexander von Humboldt und Charles Darwin, beschäftigten sich bereits mit Fulguriten. Die erste Erwähnung alpiner (Mont-Blanc) Fulgurite erfolgte durch Horace-Bénédict de Saussure (Thalheim 1992).

Gesteine jeder Art können Fulgurite bilden (Sediment(it)e, Magmatite und Metamorphite). Nach ihrem Ausgangsmaterial werden Sand- und Felsfulgurite unterschieden. Die meisten Fulgurite sind in Quarzsand zu finden. Sandfulgurite, wie die in der Sammlung des BGR in Berlin-Spandau, besitzen an der Innenseite eine glatte, glasige Schicht aus verschmolzenen Quarzkörnern. Die Außenschicht besteht aus durch Hitze verfestigtem Quarzsand, der jedoch nicht verschmolzen ist (schmelzgesintert) und eine raue Oberfläche bildet. Die 4 Sandfulgurite haben jeweils eine Länge von 10-20 cm und stammen aus Hohenbocka im südlichen Brandenburg. Die reinweißen Sande aus dem Miozän sind etwa 16 Mllionen Jahre alt und werden bis heute seit über 150 Jahren zur Herstellung von Glas verwendet.

Bei einem Blitzeinschlag herrschen Spannungen von einigen Millionen Volt zwischen Gewitterwolke und Erdboden. Dabei können Stromstärken von bis zu 100.000 Ampère entstehen, die kurzzeitig im Boden zu Temperaturen von bis zu 30.000 °C führen können. Quarz schmilzt bei Temperaturen über 1.700 °C. Bei rascher Abkühlung entstehen amorphe Gläser. Fulgurite werden aufgrund des maßgeblichen Einflusses von Hitze auf ihre Entstehung als „Pyrometamorphite“ (von griechisch pyr: „Feuer“) bezeichnet.

Bedingt durch diese außergewöhnlich hohen Temperaturen ist eine Besonderheit der Fulgurite das Vorhandensein von sehr seltenen Mineralen wie dem Lechatelierit, ein natürliches Kieselglas aus amorphem Siliziumdioxid. Dieses Mineral kommt ansonsten nur noch in Impaktkratern und tektonisch stark zerscherten Gesteinen (Mylonite) vor.

Verglaste Öffnung einer Blitzröhre (Sandfulgurit) aus Hohenbocka, südliches BrandenburgVerglaste Öffnung einer Blitzröhre (Sandfulgurit) aus Hohenbocka, südliches Brandenburg Quelle: BGR; Foto: Jan Hartmann

4 Sandfulgurite aus Hohenbocka, Sammlung BGR Berlin-Spandau4 Sandfulgurite aus Hohenbocka, Sammlung BGR Berlin-Spandau Quelle: BGR; Foto: Jan Hartmann

Es ist oft nicht leicht zwischen Fulguriten und anderen röhrenartigen geologischen Erscheinungen wie zum Beispiel Grabgängen von Lebewesen zu unterscheiden. Im Leiningerland, genauer in der Gemeinde Battenberg (Rheinland-Pfalz) wurden fälschlicherweise Röhren, die man für Fulgurite hielt, zum Naturdenkmal erhoben. Später stellte sich heraus, dass deren Ursprung jedoch nicht auf Blitzeinschläge, sondern auf Verwitterung und Erosion zurückzuführen ist. Anders herum werden Fulgurite auch gelegentlich nicht als solche erkannt und zum Beispiel wie um 1800 in der Schlesischen Grafschaft Oels als „Osteocollis“ („Beinbruch-Steine“) bezeichnet. Man führte dort die oftmals knochenähnlich aussehenden röhrenartigen Gebilde auf unterirdisch gebildete Glasflüsse zurück. Erst 1817 wurde der Fehler korrigiert (THALHEIM 1992).

Die weltweit längsten Blitzröhren sollen mit einer Länge von 5,40 m im Lippischen Landesmuseum in Detmold und mit 4,60 m in den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden zu finden sein. Letztere scheint mit etwa 15 Millionen Jahren die bisher bekannte geologisch älteste Blitzröhre zu sein. Die Dresdner Röhre ist aus über 100 Einzelteilen zusammengesetzt und dient als Ersatz für eine am 6. Mai 1849 beim Zwingerbrand verlorene 4,67 m lange Röhre. Die größte Sammlung von Fulguriten besitzt anscheinend ein deutscher Sammler vom Niederrhein. Weitere Fundorte sind unter anderem die lybische Saharawüste oder das Rheinufer bei Oesterholt und Augustdorf sowie im Schwarzwald.

Literatur:

Thalheim, K. (1992): Die Bltzröhre im Staatlichen Museum für Mineralogie und Geologie zu Dresden.- Lapis; 17, 7-8; 66-68 München.

Textautorin: Roxana Rohne

Übrigens: Die BGR unterhält Sammlungen in Berlin und Hannover, hier in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG). Sie gehören zu den großen geowissenschaftlichen Sammlungen in Deutschland.

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Kontakt

    
Dr. Angela Ehling
Tel.: +49-(0)30-36993-412

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