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TZ Jordanien: Evaluierung des Potentials zur künstlichen Grundwasseranreicherung

Beitrag zum Projekt:

Hintergrund
Jordanien ist, wie viele andere (semi-)aride Gebiete der Erde, stark von der Verfügbarkeit von Grundwasserressourcen abhängig. Die steigende Nachfrage nach Grundwasser bei gleichzeitig abnehmendem Angebot führt zu sinkenden Grundwasserspiegeln und einer möglichen Versalzung der Grundwasserressourcen. Unterstützung bei der Verbesserung dieser Situation verspricht die "künstliche Grundwasseranreicherung" (Managed Aquifer Recharge (MAR)). Dabei handelt es sich um eine gesteuerte Grundwasserneubildung in Hinblick auf eine spätere Verwendung oder auch für ökologische Zwecke. Sie umfasst auch die Überwachung der Qualität des eingespeisten Wassers und die daraus resultierenden Auswirkungen. MAR ist international bereits erfolgreich angewandt worden und gewinnt als Instrument zur Anpassung an den Klimawandel zunehmend an Bedeutung.

Projektziel und Vorgehen
Mit dem Projekt unterstützt die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) das jordanische Ministerium für Wasser und Bewässerung (MWI) dabei, erfolgreich künstliche Grundwasseranreicherung über Infiltration von Regenwasserabfluss durchzuführen, weiter zu entwickeln und geeignete Standorte auszuwählen. Die Hauptaufgaben sind (1) die Entwicklung von Karten zum MAR-Potential, die zur späteren Identifizierung geeigneter Standorte für mögliche Pilotprojekte oder zu Maßnahmen zur Verbesserung der Wirksamkeit von bestehenden Strukturen führen und (2) die Erstellung eines Leitfadens für die Umsetzung und Regulierung von MAR in (semi-)ariden Gebieten wie Jordanien. Mit der Evaluierung der Möglichkeit für MAR in den Einzugsgebieten des Amman-Zarqa- und des Azraq-Beckens wird dies exemplarisch gezeigt.

Der Abschlussbericht beschreibt im ersten Teil internationale Beispiele und Erfahrungen zu MAR sowie Schritte für eine nachhaltige Implementierung solcher Projekte. Der zweite Teil ist eine Fallstudie zu den zwei genannten, stark übernutzten Einzugsgebieten in Jordanien. Hier werden die klimatischen, hydrologischen, hydrogeologischen und weitere Faktoren ausführlich beschrieben und als Kriterien in einer regionalen Machbarkeitsstudie zum MAR-Potential verwendet. Dies wird durch Empfehlungen für eine detailliertere lokale Machbarkeitsstudie, die Umsetzung sowie die notwendigen Aktivitäten während des Betriebes ergänzt. Der Leitfaden konzentriert sich hauptsächlich auf die Aufstauung von temporären Starkregenabflüssen (flash floods) in Trockenflussbetten (wadis) mit einer nachfolgenden Grundwasseranreicherung über Infiltration.

Methodik
Die wichtigsten technischen Fragen, die einer Klärung bedürfen, sind die Verfügbarkeit von Oberflächenabfluss, die Verfügbarkeit von ausreichendem Speicherplatz im Aquifer und die effektivste Methode zum Transfer von Oberflächenwasser in den Grundwasserleiter. In (semi-)ariden Regionen tritt Oberflächenabfluss häufig in Folge kurzer Sturzfluten auf, die ungenutzt ins Meer fließen oder sich in abflusslosen Senken (z. B. Tonpfannen) sammeln und daher als eine ungenutzte Ressource für die Speicherung in einem Grundwasserleiter zur späteren Verwendung zur Verfügung stehen könnten. Im Vergleich zur oberflächlichen Speicherung verringert sich durch die unterirdische Speicherung die Verdunstung. Notwendiger Speicherplatz im Aquifer ist in der Regel ausreichend vorhanden, wenn Grundwasservorkommen zuvor übernutzt wurden und die Grundwasserstände gesunken sind. Für den Transfer ins Grundwasser ist die Infiltration die kostengünstigste Methode, die häufig dort eingesetzt wird, wo ungespannte Grundwasserleiter und durchlässige Böden vorhanden sind. Typische preisgünstige Techniken sind Staudämme mit Auslass zur Versickerung im unterstromigen Wadi (Abb. 1), direkter Versickerung sowie staudammnahe Versickerungsbecken.

Jede regionale Machbarkeitsstudie, die das Potenzial für die Umsetzung von MAR durch das Auffangen von Oberflächenabfluss und anschließender Infiltration betrachtet, hat zwei Fragen zu beantworten:

  • Gibt es im Einzugsgebiet ausreichend Abfluss?
  • Ermöglicht der Standort den Bau einer Auffangstruktur und die anschließende Infiltration in einen geeigneten Aquifer?

Häufig sind nur sehr begrenzte Informationen über die Quantität und Qualität von Starkregenabfluss vorhanden und der Abfluss muss auf der Grundlage anderer relevanter Parameter geschätzt werden. In dieser Studie werden regionale Informationen über Niederschläge, Hangneigung, bestehende Wasserspeicherstrukturen, Landnutzung, Böden und Hydrogeologie verwendet. Die Minimalkriterien für ein geeignetes Einzugsgebiet sind: ein Niederschlag von mehr als 75 mm/a, das Fehlen von bestehenden Wasserspeicherstrukturen und das Fehlen von städtischen Gebieten, Tonpfannen oder Steinbrüchen. Alle Kriterien werden klassifiziert in ungeeignet, weniger geeignet und geeignet bzw. null, eins und zwei (flache Hänge sind z. B. weniger geeignet für Abflussbildung als steilere Hänge). Danach werden die Kriterien gegeneinander linear gewichtet, um eine Endwertung zwischen 0 bis 100 % Eignung zu berechnen (Abb. 2).

Eignungskarte von Einzugsgebieten für eine Abflussgenerierung im Amman-Zarqa- und Azraq-BeckenAbb. 2: Eignungskarte von Einzugsgebieten für eine Abflussgenerierung Quelle: BGR

Für die Eignungsbeurteilung des Standorts werden neben den oben genannten sechs Kriterien weitere Kriterien für den Untergrund (Mächtigkeit der Grundwasserleiter, Tiefe zum Grundwasserspiegel, Grundwasserfließgefälle, Entfernung zu Störungen) und die Qualität des Grundwassers (Salzgehalt, Nitratgehalt, E.coli- Konzentration) sowie Infrastruktur (Entfernung zu Straßen, Entfernung zu internationalen Grenzen, Entfernung zu aktiven staatlichen Förderbrunnen) klassifiziert (flache Bereiche sind z. B. für die Infiltration geeignet, während steile Bereiche es nicht sind) und für eine Standorteignungskarte linear gewichtet (Abb. 3). Zusätzliche Minimalkriterien sind: eine Hangneigung von < 5 %, Abwesenheit eines Grundwassergeringleiters oder ungesättigten Grundwasserleiters, Aquifermächtigkeit > 20 m, Entfernung zu verunreinigten Brunnen > 1 km, Entfernung zu internationalen Grenzen > 2 km, Entfernung zu einem Wadi < 2 km und Einzugsgebietsgröße > 18 km². In einem letzten Schritt werden beide Karten überlagert, um visuell ein geeignetes Einzugsgebiet stromaufwärts eines geeigneten Standorts zu finden. Für diesen wäre dann im Zuge der weiteren Arbeiten eine detaillierte lokale Machbarkeitsstudie zu erstellen.

Zusätzlich zu der technischen Machbarkeit sollten sozioökonomische Fragen wie die Nachfrage, Betrieb und Wartung, Überwachung, Kosten-Nutzen-Verhältnis sowie Managementfähigkeiten und Regularien betrachtet werden. All diese Aspekte werden für internationale Beispiele und für die jordanische Fallstudie in der Leitlinie diskutiert.

Ergebnisse
MAR-Potentialkarten über die Verfügbarkeit von Abfluss und über die Eignung von Standorten wurden für zwei Einzugsgebiete in Jordanien (Abb. 2 und 3) entwickelt. Die regionale Auswertung ergibt, dass 69 % des Einzugsgebietes zur Generierung von genügend Abfluss und 88 % aufgrund von standortspezifischen Einschränkungen ungeeignet sind. Abgesehen von in den Einzugsgebieten bereits bestehenden Wasserspeicherstrukturen könnten nur 3 % des Einzugsgebietes ausreichenden Abfluss bereitstellen. Eine detailliertere Standortuntersuchung böte sich ggf. für 9 % des Gebietes an. Jedoch ergeben sich keine eindeutig geeigneten Standorte mit dazugehörigen geeigneten Einzugsgebieten.

Die Auswertung der vorhandenen Daten und Erfahrungen an bestehenden Strukturen zeigt, dass die Verfügbarkeit von Wasser zur Einspeisung der limitierende Faktor in Regionen mit weniger als 200 mm/a Niederschlag ist. Eine weitere wichtige Einschränkung ist die hohe Sedimentfracht im Oberflächenabfluss, welche regelmäßige Wartung erforderlich macht. Ohne adäquate Wartung kann sich die Wirksamkeit der MAR-Systeme so drastisch verringern, dass sie sogar einen negativen Effekt auf die Wasserbilanz erzeugen. Betrieb und Wartung sowie die Überwachung an bestehenden MAR-Strukturen in Jordanien müssten verbessert werden, um deren tatsächliche Wirksamkeit richtig beurteilen zu können.

Institutionelle und sozioökonomische Hindernisse beruhen vor allem auf den fehlenden finanziellen Mitteln für Wartung und Überwachung, was zu einer vermutlich niedrigen Kosten-Nutzen-Relation führt. Die Erweiterung institutioneller Kapazitäten zum Management von MAR-Projekten auf der ministeriellen Ebene sowie Verbesserung des Bewusstseins und Verständnisses für MAR-Prozesse innerhalb der Ministerien und unter den lokalen Anwohnern sind unerlässlich.

Daher wird eine stärkere Einbeziehung der lokalen Gemeinschaft in MAR-Aktivitäten empfohlen, auch um Wartung und Überwachung sicherzustellen und die Wirksamkeit von MAR-Projekten zu evaluieren. Für neue MAR-Projekte sollten finanzielle Mittel zur Wartung obligatorisch sein und lokalen Begünstigten sollten gewisse Rechte und Pflichten übertragen werden. Darüber hinaus sollte eine nationale MAR-Strategie und entsprechende Regularien entwickelt werden.

Die Leitlinie wurde für Entscheidungsträger, Geldgeber, Interessengruppen und Wissenschaftler erstellt, die an künstlicher Grundwasseranreicherung in (semi-)ariden Regionen beteiligt sind. Der Ansatz ist eine Blaupause und kann für ähnliche Untersuchungen von Gebieten in anderen (semi-)ariden Ländern angewendet werden. Die Auswahl der Kriterien sowie ihre Klassifizierung und Gewichtung können variiert werden, um die örtlichen Gegebenheiten und die Verfügbarkeit von Daten widerzuspiegeln. Die ausgesprochenen Empfehlungen sind auch auf andere Länder mit ähnlichen Voraussetzungen übertragbar.

Literatur:

Kontakt:

    
Dr. Anke Steinel
Tel.: +84-24-36740494

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